von Gentille aus der Demokratischen Republik Kongo
Im Oktober 2018 bin ich nach Bad Staffelstein gefahren zu einem Bundesbildungszentrum. Dort sollte ich an einem Seminar zu politischer Bildung teilnehmen. Das Seminar ist ein Pflichtseminar von weltwärts in meinem Freiwilligendienst, das heißt, ich musste dort hinfahren.
Als ich erfahren habe, dass ich nach Bad Staffelstein in Bayern fahren sollte, habe ich gedacht, das Seminar ist bestimmt eine reine Präsentation der Politik in Deutschland. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass wir dort auch diskutieren und Spaß haben werden. Auch wusste ich nicht, dass es dort so viele andere Freiwillige aus anderen Ländern und Kontinenten geben würde. Als ich in Bad Staffelstein ankam, war ich sehr überrascht, dass so viele Seminarteilnehmer*innen da waren: wir waren dort 26 junge Menschen aus Brasilien, Paraguay, Uruguay, Chile, Kambodscha, DR Kongo, Ghana, Togo, Namibia, Kamerun, Uganda, Kenia, Indonesien. Ich habe mich gefragt, was die anderen wohl in Deutschland machen? Ich war sehr überrascht, dass sie alle Süd-Nord Freiwillige in Deutschland waren und sie kamen aus der ganzen Welt.
Bad Staffelstein ist eine kleine, schöne Stadt in Bayern, mehr als 400 km von Dortmund entfernt – die Fahrt war sehr lang. Wir (meine Freundin Melissa aus Kamerun und ich) sind ungefähr sieben Stunden von Dortmund mit dem Zug gefahren, erst mit dem schnellen ICE, aber später mit einem langsameren Regionalzug. In Nürnberg mussten wir umsteigen, dort haben wir noch einen anderen Freiwilligen aus Wuppertal getroffen. Das Bundesbildungszentrum ist nur 2 Minuten zu Fuß vom Bahnhof in Bad Staffelstein entfernt.
Das Seminar ging fünf Tage lang – am Anfang habe ich gedacht, dass das sehr lang werden würde: fünf Tage in Bayern, puh. Meinen Freiwilligendienst mache ich in Dortmund, das liegt in NRW. Die Menschen in NRW sind toll, aber alle reden schlecht über Bayern. Die Menschen in Dortmund haben mir vorher gesagt, dass die Menschen in Bayern eine komische Sprache sprechen und nicht verständlich Deutsch sprechen. Und sie haben gesagt, dass es viele Berge gibt in Bayern und dass es immer kalt ist. Und dass die Menschen nicht nett sind. Ich habe das nicht verstanden, alle Menschen sind doch deutsch, die in Deutschland leben.
Als das Seminar angefangen hat, wusste ich aber schon nach einem Tag, dass das Seminar nicht lang sein würde. Am letzten Tag, dem Freitag, haben wir die Seminarleitung sogar gefragt, ob wir nicht bis Sonntag weiter machen könnten. Leider ging das nicht, weil eine neue Gruppe für das Wochenende kommen würde.
Aber zurück zum Anfang: die Atmosphäre war vom ersten Moment an super. Als wir in der Vorstellungsrunde unsere Namen genannt haben, woher wir kommen und was wir in Deutschland machen, das war wirklich super. Immer, wenn die Freiwilligen in der Vorstellung ihre Länder genannt haben, haben wir alle applaudiert.
Am zweiten Tag des Seminars gab es ein richtig gutes Thema: es ging um Stereotype über unsere Länder, aus denen wir kommen. Ich finde das Thema sehr wichtig, ich arbeite dazu auch in der DR Kongo mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In Bad Staffelstein waren wir in zwei Gruppen und haben uns darüber ausgetauscht, was wir über die Länder denken, aus denen die anderen Freiwilligen kommen. Ich hatte Angst, dass die anderen nur etwas Negatives über mein Land denken, weil sie im Internet und Fernsehen so viele negative Nachrichten über die DR Kongo lesen und hören. Ich wollte nicht anfangen, und erstmal nur zuhören. Aber nachdem drei oder vier andere Freiwillige über ihr Land gesprochen haben, da habe ich die Kraft bekommen, auch über mein Land zu sprechen. Ich habe gelernt, dass alle Länder nicht nur eine positive Seite haben, und dass die Politik auch in anderen Ländern nicht so einfach ist. Armut und Reichtum gibt es überall in dieser Welt.
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