Von Carol Naidu aus Indien,
Ich bin am 03.02.2020 zu meinem Zwischenseminar, das von der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit (DIZ) organisiert wurde, nach Frankfurt/Main gereist. Alle Süd-Nord-Freiwilligen müssen an 25 von organisierten Seminaren teilnehmen. Am Ende unseres Freiwilligenjahres müssen wir einen Bericht vorlegen, der alle Seminare enthält, an denen wir teilgenommen haben. Das Zwischenseminar findet ungefähr nach der Hälfte des Freiwilligenjahres statt.
Ich begann meine Reise um 7 Uhr morgens von Dortmund-Wickede aus (der Ort, wo ich wohne: das Volunteershouse). Das Haus ist wirklich weit vom Hauptbahnhof entfernt, und ich wollte meinen Zug nicht verpassen und deshalb beschloss ich, eine Stunde früher von zu Hause loszugehen. Ich erreichte den Dortmunder Hauptbahnhof gegen 8 Uhr morgens. Mein Zug nach Frankfurt, ein ICE, fuhr um 8.39 Uhr. Ein ICE-Zug ist einer der schnellsten Züge in Deutschland, gegen 12.15 Uhr erreichte ich Frankfurt und stieg am Bahnhof aus.
Obwohl ich alles über Deutschland weiß, verirre ich mich trotzdem in Bahnhöfen und ich meine: in allen Bahnhöfen in Deutschland. Eine der indischen Freiwilligen (Arshia), die bei der DIZ in Frankfurt arbeitet, sollte mich vom Frankfurter Hauptbahnhof abholen. Wir suchten uns beide, bis ich merkte, dass sie mich am Bahnsteig 9 suchte und ich auf Bahnsteig 4 wartete. Also rannte ich zu Gleis 9, da es fast 13 Uhr war, und dann erkannte ich, dass ich auf dem falschen Bahnhof war, es war Frankfurt Flughafen. Der Frankfurter Flughafen-Bahnhof war dem Hauptbahnhof sehr ähnlich und ich wurde verwirrter. Ich versuchte Leute zu fragen und sie sagten mir, dass der Frankfurter Bahnhof wirklich weit ist und so beschloss ich, herauszufinden, wie ich dort hinkommen kann. Später fand ich den S-Bahnhof und stieg in eine Bahn. Es dauerte fast 30 Minuten bis ich den Frankfurter Hauptbahnhof erreichte und: stell Dir vor: Ich war wieder verloren, da der Bahnhof wirklich riesig war, aber irgendwie gelang es mir, Arshia zu finden. Gegen 14 Uhr erreichten wir den Ort, an dem wir unser Seminar haben sollten.
Nach einer sehr abenteuerlichen Reise habe ich mich sehr auf mein 4-Tage-Seminar gefreut. Zusammen waren wir vier Süd-Nord-Freiwillige, Arshia und Drishti (sie arbeiten in der DIZ), Anup (arbeitet in Berlin) und ich, zusammen mit Dorothe (sie ist die Koordinatorin aller Süd-Nord-Freiwilligen), Sybille, Helena (sie war eine Nord-Süd-Freiwillige, aber jetzt arbeitet sie mit der DIZ) und Jona (der Leiter der DIZ). Anup und ich, wir wohnten in einer Herberge, die auf der anderen Seite des Flusses war. Unser Seminar begann um 10 Uhr morgens und endete um 18 Uhr.
Bevor ich Seminare in Deutschland besuchte, glaubte ich, dass Seminare langweilig und unproduktiv sind, aber ich liebe es, dass Deutschland mich immer wieder überrascht, vor allem, wenn es darum geht, Seminar zu besuchen. Ehrlich gesagt, Seminare machen so viel Spaß, sind spannend, kreativ, produktiv und was nicht noch alles?
2.3.20: (1. Tag) – an unserem allerersten Tag, nach unserer Mittagspause, hatten wir ein Willkommen und Zeit für organisatorische Fragen an die DIZ, mit Dorothe, Jona, Sybille und Helena und zusammen mit den anderen drei indischen Freiwilligen. Wir wurden auch gebeten, unsere Erwartungen und Dinge, die wir mitnehmen wollen, aufzuschreiben. Später wurden wir von Sybille gebeten, Projekte zu bearbeiten: „die Entwicklung in Deutschland und was kann Deutschland von Indien lernen?“ Wir wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und gebeten, unsere Ergebnisse für Dorothe zu präsentieren. Nach unserer Projektpräsentation ging es zurück in die Herberge.
3.3.20: (2. Tag) – an unserem zweiten Tag haben wir mit Dorothe über unsere Erfahrungen und Herausforderungen in Deutschland gesprochen, wir hatten auch eine sehr interessante Diskussion über „so viele Ohren“.
Wir haben auch am Nachmittag „Kartoffel-Schnitzel mit Joghurtsalat“ zusammen für alle zubereitet. Für diejenigen unter euch, die es nicht wussten: Kochen habe ich in Deutschland gelernt. Und stellt euch vor: An diesem Tag lernte ich ein neues Rezept von Dorothe. Wir hatten auch eine sehr lange und interessante Diskussion über „Deutsche Politik und deutsche Geschichte“ mit Jona. Ehrlich gesagt, interessiere ich mich seitdem sehr für die deutsche Politik und Geschichte.
4/3/20: (3. Tag) – Im Seminar haben wir auch so viele wichtige Dinge diskutiert, die uns allen bewusst waren, wie Rassismus. Wir hatten einen ganzen Tag, an dem wir über Rassismus sprachen und diskutierten. Auch frühere Süd-Nord-Freiwillige (Anjali und Neha), die ihr Freiwilligenjahr verlängert hatten, nahmen an diesem Seminar teil. Zwei Gastredner (Harpreet und Olivia) waren während unseres Seminars eingeladen, die diesen Workshop leiteten. Wir liebten diesen Workshop sehr, wir alle sind sehr tief in dieses Thema eingetaucht. Obwohl es fast 18 Uhr war, wollten wir nicht aufhören, über Rassismus zu sprechen, aber leider lief uns allen die Zeit davon.
5/3/20: (4. Tag) – an unserem letzten Tag haben wir den Brief erhalten, den wir uns selbst während des Vorbereitungsseminars zu Hause in Indien geschrieben hatten, „LETTER TO OUR FUTURE SELF – Brief an unser zukünftiges Selbst“.
In diesem Brief schrieben wir damals all unsere Erwartungen, Ängste, Hoffnungen und viele weitere persönliche Dinge. Jetzt blickten wir alle auf uns selbst zurück und wir erkannten, dass diese sechs Monate, die seit dem Brief vergangen sind, unser ganzes Leben verändert haben. Wir werden nie wieder dieselbe Person sein. Der Blick zurück war wirklich hart und schmerzhaft, fast alle Augen waren von Tränen erfüllt, als wir unsere Familie für ein Jahr zurückließen. Nachdem wir unsere Briefe gelesen hatten, schrieben wir alle wieder einen neuen Brief an uns selbst, den wir in unserem Abschlussseminar in Indien nach dem Ende unseres Freiwilligenjahres bekommen werden.
Anup und ich haben uns dann verabschiedet, damit wir unsere Züge zurück nach Berlin und Dortmund erreichen konnten.
Und so endete mein abenteuerliches Zwischenseminar. Neben unseren Seminaren haben wir auch ein bisschen Frankfurt/Main erkundet. Ich hoffe, Ihr alle mochtet meine Geschichte? Lasst es mich wissen, ob ihr euch auch immer auf deutschen Bahnhöfen verlauft!?
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