von Espérance Mirindi – aus Goma und Dortmund

 

Am Freitag, dem 2. Dezember 2022 durfte ich als Rednerin beim Dortmunder Frauenmahl sprechen. Hier meine Rede zum Nachlesen:

Leon de Saint Moulin sagte: „Die Geschichte einer Umwelt – genau wie die aller Menschen – wird bereichert, wenn sie beachtet und studiert wird. Wir können keine Stadt lieben, deren Realitäten wir nicht erlebt haben, deren Fundament wir nicht kennen und deren Ziele wir nicht kennen.“  

Ich heiße Espérance Mirindi, ich war Freiwillige der Vereinten Evangelischen Mission bei der Diakonie Dortmund bis März dieses Jahres und mache nun eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau bei der PopAkademie in Witten. Ich wohne im Volunteershouse in Dortmund.  

Ich möchte Ihnen zwei magische Umgebungen vorstellen, die mich bisher in meinem Leben sehr beeinflusst haben. Die Stadt Goma in Zentralafrika, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, und die Stadt Dortmund, in Europa, in Deutschland, im Land Nordrhein-Westfalen.    

Ich erlebe diese beiden sehr unterschiedlichen Welten ganz bewußt und identifiziere mich auch mit diesen beiden so unterschiedlichen Welten. Ich habe dabei das Bedürfnis entwickelt, dazu beizutragen, dass die nächsten Generationen sich auch mit ihrer jeweiligen Umgebung identifizieren können. Und ich möchte dazu beitragen, dass die nächsten Generationen – so wie ich – Freude daran finden, ihren Beitrag zur weiteren positiven Entwicklung ihrer Umgebung zu leisten.

Für mich geht es bei der Rede über eine Stadt nicht nur um ihre Infrastruktur, ihre Hotels und ihre Wohnungen, ihre Einwohnerzahl oder ihre Fläche, sondern das Wichtigste ist, diese Umgebung als Raum zu lieben und zu leben, in dem sich Menschen als soziale Wesen entfalten.        

Die Stadt Goma, Hauptstadt von Nord-Kivu, liegt am Fuße des Berg Nyiragongo. Der Berg ist einer der aktivsten Vulkane in Afrika. Der Name „Goma“ kommt von dem Wort „Trommel“, ein Hinweis auf den Lärm, den die ständigen Vulkanausbrüche machen. Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind diesen Ausbrüchen im Laufe der Jahre zum Opfer gefallen. 

Die Stadt Goma, in der ich aufgewachsen bin, nutzt öffentlich-private Partnerschaften, um die Wunder ihrer Fauna und Flora für Touristen zu präsentieren. Aufgrund ihrer Organisation und ihres Aussehens gilt die Stadt heute als die schönste Stadt im Kongo.     

Neben dieser Schönheit gibt es allerdings jeden Tag eine große Unsicherheit, ein Morgen voller Hoffnung und Besserung zu erleben. Goma liegt in einer Region, die von bewaffneten Konflikten heimgesucht wird, die fast täglich Opfer fordern. Auch zur Zeit haben wir Krieg in Goma! 

Das heißt:  

  • Die Unterstützerinnen und Unterstützer von Aufbau- und Entwicklungsgedanken sterben. 
  • Naturkatastrophen, die immer wieder enorme Verluste mit sich bringen, treiben einen großen Teil der Bevölkerung in die Armut.  
  • Wasser und Strom stehen als solide Lebensgrundlage nicht ständig zur Verfügung.  
  • Kinder, die ganze Tage lang auf der Suche nach dem Minimum für ihr Überleben durch die Straßen ziehen, sieht man überall. 

Die Stadt Dortmund, in der ich herzlich empfangen wurde und wo ich einen Geist der Solidarität erkenne, ließ mich einen neuen Teil von mir entdecken: ich habe als Freiwillige in der Diakonie mit wohnungslosen Menschen gearbeitet. Der Dienst an Bedürftigen hat mich mit großer Befriedigung erfüllt. Hier in Dortmund lebe ich in einer Welt, in der junge Menschen die Möglichkeit haben, sich eine Zukunft vorzustellen, auf die sie stolz sein können. 

Unter einem wunderschönen Himmel, mit festen Jahreszeiten, erkennt die Stadt Dortmund unterschiedliche Herkünfte an und versucht, jeder und jedem bessere Momente als Erinnerungsstücke anzubieten. Es gibt ein öffentliches Verkehrssystem, Sicherheit und die Freiheit, ohne soziale Diskriminierung leben zu müssen. In dieser Stadt wird meiner Erfahrung nach immer daran gearbeitet, dass alle entsprechend ihren Begabungen ihren Teil zur Weiterentwicklung leisten.  

Hier in Dortmund können wir unsere Zukunft klar sehen, wir können planen, das Beste aus unserer Zukunft zu machen. Wir sind nie allein, in kurzer Zeit schaffen wir es, Familien zu gründen und das Gefühl zu haben, zu einer Gemeinschaft zu gehören. Wir können zu jeder Tages- und Nachtzeit herumlaufen, um unsere Aufgaben zu erfüllen, ohne Angst haben zu müssen, bedroht zu werden. Wir kennen unsere Rechte und können sie leicht durchsetzen. 

Nehmen wir an, dass jeder Mensch hier Freude und Anteil an Entwicklung haben kann! Aber auch in Dortmund gibt es immer noch die Menschen,   

  • die nicht wissen, wie man mehr oder weniger normal lebt,  
  • die nicht wissen, wie man leicht etwas zu essen findet, was man anzieht, wo man sich in der Nacht ruhig ausruht.  
  • die kein Zuhause haben, sich nicht zugehörig fühlen, und die auf die eine oder andere Weise besondere Aufmerksamkeit brauchen.  

Mit meiner Arbeit in der Diakonie hatte ich das Privileg, auch diese Realität des Lebens kennenzulernen, wo Essen ein Luxus ist, guter Schlaf ein Traum. 

Damit bot sich mir eine riesige Chance der Erkenntnis, und so machte ich ein Motto daraus für mich und alle, die ich kennenlerne: „Arbeite viel, hinterfrage, was Du weißt, mach Deine Arbeit gut und verkaufe sie teuer.“ 

Das Privileg, die unterschiedlichen Realitäten in Dortmund aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu erleben, ist eine der schönsten Erfahrungen, die mein bisheriges Leben geprägt hat! 

Meine Verbundenheit mit der Stadt Goma kommt von der außergewöhnlichen Widerstandsfähigkeit der Menschen dort, nach einer entmutigenden und destruktiven Situation immer wieder aufzustehen, immer noch an die Erneuerung zu glauben und auf ein besseres Morgen zu hoffen. Erkenne eine neue Chance nach jedem Tiefschlag und komme wieder auf die Beine…  

Die Stadt Dortmund lehrt mich jeden Tag, das Glück zu erkennen, das es ist, eine perfekte Antwort auf die Unzulänglichkeiten anderer zu sein.  

Dadurch, dass ich Armut UND Erfolg kennenlernen konnte, kann ich nun andere ermutigen, sich ein Morgen vorzustellen, das Glück bringt und Respekt zeigt.