von Jenny aus Deutschland,

Als ich mitbekommen habe, dass das Referat Ökumene ein neues Spiel gekauft hat, habe ich Carolin gebeten, dass wir das direkt mal gemeinsam ausprobieren. Ich spiele gern, dieses Spiel hat sogar noch mehr Tiefe.
Also haben wir uns an einem Abend mit Jana, Carol und Christina im Volunteershouse verabredet, Pizza bestellt und dieses Spiel getestet.

Das Spiel „Reisepass-Quartett“ wurde von der Kampagne „VisaWie“ herausgebracht. In diesem Spiel bekommt jede Person zu Beginn 4 Reisepässe. Danach wird sich duelliert. Welcher Pass hat mehr Macht? Mit welchem Pass werden die meisten Visa bewilligt? Bei welchem Pass ist der Verwaltungsakt am komfortabelsten? Welches Land hat die stärkste Auslandsvertretung? Und mit welchem Pass gibt es den größten Schutz vor Willkür? Zusätzliche Aktionskarten zwingen Spielende einen Reisepass abzugeben, sich zu erklären oder Reisepässe von anderen einzukassieren. Trümpfe lassen eigentliche Verlierer-Pässe plötzlich vorbeiziehen.

Dass es Ungerechtigkeiten und Privilegien bei Reisepässen gibt, davon hatte ich schon eine Ahnung. Welche Pässe die wirklich stärksten oder schwächsten sind, konnte ich nur vermuten. In meiner Situation fällt mir das aber eigentlich nie auf. Da bin ich sehr privilegiert.

Ich verliere in Spielen sehr, sehr ungern. Wenn ich dann aber doch mal eine meiner Pappkarten verloren hatte, konnte ich damit leben. Wenn ich mir aber klar mache, dass dieses Spiel in unserem Wohnzimmer der Alltag von Visavergabe sein kann, dann wird mir schon ganz anders.

Durch das Spiel wird die Problematik des globalen Machtungleichgewichts dargestellt. Die Visavergabe verläuft super unfair. Für Menschen aus Ländern des Globalen Südens werden Visaanträge für Europa überdurchschnittlich häufig abgelehnt. Die Begründung ist da oft die fehlende „Rückkehrbereitschaft“. Damit ist die Visavergabe eine rassistische und machtmotivierte Art der Ausgrenzung von Menschen, die aus beruflichen oder privaten Gründen über die Grenze nach Europa möchten.

Das Spiel hat mir diese Komplexität ein Stückchen näher gebracht, ich kann das Spiel auf jeden Fall weiter empfehlen. Neben den für das Spiel benötigten Kriterien werden auf den Pässen noch weitere Informationen über die einzelnen Länder gegeben. Die Spielanleitung erklärt Begriffe wie „Verwaltungskomfort“, „Familiennachzug“ und vieles mehr.

Aktuell läuft eine Spendensuche, um eine 2. Auflage dieses Spiels herausbringen zu können. Weitere Informationen und Neuigkeiten sind unter www.visawie.org zu finden.

Nachdem wir das Spiel gespielt haben, habe ich ein paar der Pässe aussortiert. Von den vorliegenden Pässen war der deutsche Pass der stärkste. Gefolgt wurde er von anderen Ländern wie USA, Schweden, Frankreich, Niederlande. Syrien war glaube ich der mit den allerwenigsten Punkten.

Wann habe ich mir eigentlich ausgesucht in Deutschland geboren zu werden?

Möchtet Ihr das Spiel auch einmal spielen? Ihr könnt es beim Referat Ökumene, Dortmund, ausleihen. Schickt eine mail an oekumene@ekkdo.de