von Rachel aus Hongkong,

Mir wurde an jenem Tag morgens gesagt, dass mein Flug am Nachmittag geplant sei. Mein Chef war zwei Wochen nicht in der Stadt, so dass wir nicht einmal viel Zeit hatten, um zu reden und uns zu treffen, bevor ich ging. Als ich zum Flughafen Düsseldorf fuhr, hatten wir gerade Zeit für einen fünfminütigen Abschied an einer Tankstelle. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er flüsterte: „Ich bin nicht gut darin.“ Meine Kollegen überreichten mir das vorbereitete handgemachte Geschenk, das ein Ordner mit Fotos und Worten mit dem Titel „Rachels Jahr in der ESG Dortmund“ war. Wir machten ein Foto und umarmten uns. Das ist alles. Egal, lang oder kurz, wir haben nie genug Zeit, um uns zu verabschieden. Wäre es besser, wenn wir eine angemessene Zeit haben, uns zu verabschieden, oder würden wir es immer noch schwer haben, jemanden zu verlassen, den wir lieben? Auf Chinesisch ist gibt es ein “größeres Wort” für Abschied. Außer Abschied trägt es auch buchstäblich die Bedeutung, einander wiederzusehen. Ich glaube, Distanz kann eine Beziehung nicht trennen, wenn wir uns wirklich umeinander kümmern.

Ich erinnerte mich, dass es während des Kirchentages im Juni 2019 eingeladene internationale Gäste aus verschiedenen Ländern gab. Sie sind Partner des Referat Ökumene im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund. Die Koordinatorin des Referats Ökumene, Carolin, fragte: „Warum versammeln wir uns hier?“ Heutzutage hätten wir Facetime, Skype, WhatsApp, die es uns ermöglichen, einfach online miteinander zu kommunizieren. Warum ist es so wichtig, sich von Angesicht zu Angesicht zu begegnen? „Weil wir uns berühren können. Man kann einen Computer nicht umarmen“, antwortete sie dann.

Ich denke, das gilt auch für unsere Freiwilligenprogramme. Früher habe ich gelernt, indem ich im Unterricht und in der Schule las und zuhörte. Nun, eigentlich, wenn Sie wollen, können Sie sogar sehr leicht auf mehr Informationen durch Wörter, Bilder und Videos zugreifen. In diesem Freiwilligenprogramm ist es jedoch so wertvoll, dass ich durch Berühren und Erleben, Strukturen und Temperatur lernen kann. Ich kann viele Fakten über den Holocaust durch Lehrbücher erwerben, aber es ist nicht dasselbe, als wenn ich mit meiner Mentorin zu einer Ausstellung mit dem Titel „Überlebende“ gehe, die ein Zeugnis der Überlebenden des Holocaust ist. Ich weiß, wo Indonesien, die demokratische Republik Kongo, Indien, Tansania liegen, aber ich hätte mich nicht mit den Menschen dort anfreunden können. Ich weiß, dass es kulturelle Unterschiede zwischen verschiedenen Nationen gibt, aber ich hätte nicht gewußt, wie ich respektvoll und tolerant sein sollte, bis ich ein Jahr lang im internationalen Freiwilligenhaus gelebt habe. Ich liebe den Moment, als meine Freundin aus Togo mit meinen langen geraden Haaren spielte, während ich interessante und lustige Berührungen mit ihren schwammartigen Haaren fand. Wir brechen beide in Gelächter aus. Man kann Freundschaft nicht ersetzen.

Das ist die kostbarste und berührendste Erfahrung, die ich in diesem Jahr gemacht habe.

Wie auch immer, ein Ende ist auch immer ein neuer Anfang. Ich freue mich auf ein anderes Leben und darauf, dass ich nun eine andere Rachel Lee bin. Schließlich liegt noch ein langer Weg vor mir; viele Abenteuer erwarten mich noch. Deshalb habe ich ein Liste gemacht mit Dingen, die ich unbedingt nach der Quarantäne machen möchte. Sie gibt mir Kraft und ermutigt mich, mit meinem Leben fortzufahren.

 

  1. Frische Meeresfrüchte und Fisch essen
  2. Schönes “Dim Sum” im chinesischen Restaurant essen
  3. Filme ansehen
  4. Chinesische Bücher kaufen
  5. Planen und dann mein eigenes Zimmer selbst umgestalten
  6. Koreanische und japanische Kleidung kaufen
  7. Gitarre spielen
  8. Nicht mehr am Bahnhof lange warten müssen
  9. Die wunderschöne Landschaft von Victoria Harbor sehen
  10. Teilen, was ich in diesem Jahr gesehen, gehört, berührt, geschmeckt habe.

 

Danke an alle, die ich getroffen habe, weil sie mir geholfen haben, zu dem zu werden, was ich jetzt bin, ein reiferer, fröhlicher und nachdenklicher Mensch. Ich bin sicher, dass wir uns bald wiedersehen werden.